Im besten Verwaltungsdeutsch – „Auslegung der zweiten Planänderung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens“ – ist er letzte Woche im „Bad Schönborn Aktuell“ wieder aufgetaucht: der „Neubau der Kreisstraße K 3575 als Umgehungsstraße Bad Schönborn“.
Sechs Jahre lang hat der Landkreis die Pläne unter Ausschluss der Öffentlichkeit geändert. Jetzt darf sie der Bürger vom 19. Oktober bis zum 18. November einsehen. Er kann bis zum 2. Dezember Einwände erheben. Diese Einwände werden „gegebenenfalls mündlich“ erörtert. Das Regierungspräsidium entscheidet abschliessend über das Verfahren.
Am Ende ist alles verwaltungsjuristisch korrekt abgelaufen und „demokratisch legitimiert“. Der Bürgermeister kann die Planung unter „Hausaufgaben erledigt“ abhaken.
Diese Planung ist exemplarisch für
1. fehlende Bürgerbeteiligung
Die Bürger werden am gesamten Verfahren nicht beteiligt. Erst am Ende der Planung hat der Bürger das Recht Einsicht zu nehmen. Jeder Projektmanager weiß, dass das frühzeitige Einbeziehen der Betroffenen und Beteiligten die Planungsqualität und die Akzeptanz erhöht. Das hat jetzt auch die Landesregierung bei Stuttgart 21 zu spät erkannt:
„In der Zukunft müssen wir dafür sorgen, dass die Bürgerbeteiligung im Vorfeld von Großprojekten besser läuft. Dass so viele Menschen wie jetzt sich auch darum kümmern, wenn noch nicht gebaut wird.“ Tanja Gönner, Wirtschaftswoche, 04.10.2010
2. mangelnde Transparenz
Es ist unverständlich, dass die Gemeinde Bad Schönborn mit der Auslegung der Planung nicht zu einer Informationsveranstaltung einlädt. Es geht hier um ein Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 30 Millionen Euro und vielen Auswirkungen auf die Gemeinde. Auf der Website der Gemeinde gibt es keinerlei Hinweis auf das Vorhaben. Sollen die Bürger etwa nicht merken, dass z.B. die Verkehrsprognose auf zehn Jahre altem Material beruht? Ganz schön rostige Zahlen.
3. das Vorgehen in Silos
Die Planung dreht sich nur um die Trassenführung. Selbst andere aktuelle Planungen wie z.B. die Südtangente werden nicht berücksichtigt. Ein ganzheitliches Verkehrskonzept für Bad Schönborn wird ebenfalls nicht vorausgesetzt. Wann die angestrebte Verkehrsberuhigung an der B3 geplant und wie sie finanziert wird, ist auch kein Thema. Denken und Handeln in Zusammenhängen sieht das Planungsverfahren nicht vor.
4. das Umgehen von Alternativen
Obwohl die Planung schon einen sehr langen Bart hat, werden Alternativen nicht berücksichtigt. Dass es möglich wäre, mit einem innovativen Paket an Maßnahmen in drei Jahren mit drei Millionen Euro ebenfalls eine Senkung des Verkehrs auf der B3 um 30% zu erreichen, wird verschwiegen. Mit 5.000 Euro pro Laufmeter eine Straße zu bauen, kann jeder. Die Zeche zahlen dann unsere Kinder. Sie müssen die Schulden zurückzahlen. Mit einem Zehntel der Summe schneller mehr bewegen, dass müsste die Herausforderung für ein innovatives und zukunftfähiges Baden-Württemberg sein.
5. falsche Prioritäten
Wo würden Sie die nächsten 30 Millionen für Bad Schönborn investieren? Investitionen in Köpfe und in die Infrastruktur für Kinder und Familien zahlen sich aus. Doch für Ganztagesschulen, lebenslanges Lernen, Kleinkinderbetreuung u.a. fehlt das Geld. Gerade die Kinder und Erwachsenen, die dringend auf mehr Förderung und Betreuungsplätze angewiesen sind, gehen leer aus.
Fazit:
Nur mit neuen Mehrheiten, sind bessere Planungsverfahren, andere Prioritäten und nachhaltige Ergebnisse möglich. Zum Glück wird am 27. März 2011 ein neuer Landtag gewählt.