Viel Lärm für einen Kurort


Leider hat es viel länger als erwartet gedauert, bis die Grundlagen für einen Lärmaktionsplan der Gemeinde vorhanden waren. Schon vor drei Jahren hatten die Grünen vor Ort wiederholt Aktivitäten der Gemeinde und des Landkreises in diesem Bereich gefordert („Schlau in Bewegung„, „Bürgerversammlung„).

Die neuen Lärmkarten für den Straßenverkehr berücksichtigen den Lärm aller Straßen mit Belastungen von über 3 Millionen Kraftfahrzeuge pro Jahr (8.200 Kfz/Tag). In Bad Schönborn sind dies die B3, B292 und L555.

Grundlage für die Lärmberechnung sind die Daten des Verkehrsmonitorings, die auf Zähldaten beruhen. Andere viel befahrene Straßen im Ort werden nicht erfasst. Der Gemeinderat von Bad Schönborn hatte mit der Mehrheit aus CDU und Freien Wählern wiederholt Anträge auf Verkehrszählung abgelehnt. Jetzt fehlen diese Daten auch für die Lärmaktionsplanung.

Insoweit zeigen die Daten das untere Ende der Lärmbelastung im Ort auf: mindestens 925 Einwohner (oder rund 7% unserer Bevölkerung) müssen tagsüber mit Lärm über 55 dB(A) und 85 Personen gar mit Lärm über 70 dB(A) leben. Nachts sind mindestens 684 Einwohner (oder rund 5% unserer Bevölkerung) von Lärm über 50 dB(A) und 117 von über 60 dB(A) betroffen.

Für den Bahnlärm gibt es bereits seit 2007 entsprechende Untersuchungen. Danach sind mindestens 3.900 Einwohner (oder rund 31% der Bevölkerung) tagsüber mit Lärm über 55 dB(A) betroffen, 200 Personen gar mit Lärm über 70 dB(A). Nachts sind mindestens 3.510 Einwohner (oder rund 28% der Bevölkerung) von Lärm über 50 dB(A) und über 370 Personen von über 60 dB(A) betroffen. Diese Untersuchungen werden bis Ende 2013 aktualisiert.

Was bedeuten diese Zahlen?

Erstmal ist Lärm subjektiv, oder wie es Kurt Tucholsky formuliert hat: „Der eigene Hund macht keinen Lärm, er bellt nur“.

Aus Umfragen wissen wir, dass sich rund 50% der Bundesbürger von Straßenlärm gesundheitlich beeinträchtigt fühlen. Der Körper reagiert unterschiedlich auf Lärmbelastungen:

  • 30 – 65 dB(A): psychische Reaktion, sprich es kann z.B. zu Konzentrations-, oder Schlafstörungen kommen
  • 65 – 90 dB(A): physiologische Reaktion, sprich z.B. der Kreislauf reagiert darauf, der Körper steht unter Stress
  • über 90 dB(A): Gehörschäden, sprich das Ohr selbst wird geschädigt, es kann z.B. zu Schwerhörigkeit kommen

Das Bundesumweltministerium führt aus: Aufgrund der Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Studien wird befürchtet, dass Dauerbelastungen über etwa 65 dB(A) am Tag zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko führen können. Nachgewiesen wurden Änderungen in Stoffwechsel und Hormonhaushalt, Änderung der Gehirnstromaktivität, aber auch schlechter Schlaf und Stresssymptome wie Hormonausschüttung. Langfristig kann dies zu hohem Blutdruck und Herzinfarkt führen.

Was ist jetzt geplant?

Mit der Lärmaktionsplanung haben es die Gemeinden in der Hand Maßnahmen für weniger Lärm festzulegen und umsetzen zu lassen. Erste Priorität haben Maßnahmen, die Lärm von vorne herein verhindern (z.B. Fahrrad statt Autofahren oder Parkraumbewirtschaftung). Bei den Maßnahmen geht es immer um zwei Ebenen: Entlastungswirkung für viele Betroffene und Aufwand, sprich Kosten. Daher ist z.B. auch eine Umgehungsstraße nur eine der möglichen Maßnahmen und die weitaus Langsamste und Teuerste zudem.

Lärmquelle ist nicht nur der Straßenverkehr; wie die Zahlen weiter oben zeigen. betrifft der Bahnlärm offenbar einen weitaus grösseren Teil der Bevölkerung. Ebenso kann Lärm durch Gewerbebetriebe an einzelnen Stellen bedeutend sein.

Zudem sollte die Lärmaktionsplanung auch dafür sorgen, dass Gebiete, die bisher ruhig waren, auch in Zukunft ruhig bleiben. Das ist gerade für einen Kurort sehr wichtig.

Es ist kein Thema für schnelle Erfolge, da u.a. die Straßenverkehrsordnung auf Bundesebene (noch) sehr enge Vorgaben macht. Wer allerdings mit „Viel Lärm um nichts“ argumentiert, zeigt nicht die richtige Einstellung um Verhandlungserfolge mit dem Landkreis, dem Regierungspräsidium oder der Deutschen Bahn zu erreichen.

Gut zu wissen: wer bei der Bundestagswahl GRÜN wählt, setzt sich auch dafür ein:

Wir wollen es den Kommunen aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Lärmschutzes ermöglichen innerorts Tempo 30 selbst umfassend festzulegen. (…) Das Lärmprivileg für die Bahn wollen wir abschaffen, ebenso die Lärmprivilegien für den Straßen- und den Flugverkehr. (…) Menschen, die von Lärm betroffen sind, sollen in ihren Rechten gestärkt werden und einen umfassenderen Anspruch auf Lärmschutz haben. Die Investitionen zur aktiven Beseitigung von Lärmquellen und passivem Lärmschutz wollen wir innerhalb des Verkehrsetats auf 400 Mio. Euro pro Jahr verdoppeln. Ziel ist ein auf 10 Jahre angelegtes umfangreiches Lärmsanierungsprogramm. (Quelle: Programmentwurf)

Die Gemeinde Bad Schönborn hat einen Entwurf zum Lärmaktionsplan ausgearbeitet. Auf Nachfrage konnte die Gemeinde leider noch keinen Termin für die Öffentlichkeitsbeteiligung nennen. Der Grüne Ortsverband wird sich aktiv beteiligen, da uns das Thema am Herzen liegt. Bürgermeister Klaus-Detlev Huge hat zudem während der letzten Gemeinderatssitzung eine Bürgerversammlung angekündigt.