Öffentliches WLAN in Bad Schönborn: CDU und Freie Wähler wollen nicht

WLAN

Das Thema eines Öffentlichen WLAN in Bad Schönborn ist vom Tisch. Der Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) des Gemeinderates hat sich auf seiner Sitzung am 02.12.14 mit den Stimmen von CDU und Freien Wählern gegen eine Realisierung ausgesprochen (Abstimmungsergebnis: 6 Nein-Stimmen CDU und Freie Wähler, 4 Ja-Stimmen SPD und Grüne Liste, 2 Enthaltungen). Selbst die Minimallösung mit den drei Standorten Rathaus Mingolsheim, Rathaus Langenbrücken und Haus des Gastes (Kosten pro Standort € 800,- bis € 1.000,-) wurde abgelehnt. Damit wurde erneut eine Chance vertan, Bad Schönborn sowohl für Gäste als auch EinwohnerInnen attraktiver und lebenswerter zu machen.

Bedenken über Innovationen

Bad Schönborn lebt vom Tourismus. Ein Drittel der Arbeitsplätze hängen von den Gästen Bad Schönborns ab. Maßnahmen, die unseren Gästen das Leben einfacher machen, tragen dazu bei, dass diese Gäste auch wieder kommen oder z.B. vor Ort mehr ausgeben.

Eine Koalition der Bedenkenträger hat leider dazu geführt, dass der SPD-Antrag für ein öffentliches WLAN abgelehnt wurde. Interessanterweise wird diese Koalition auch von der Gemeindeverwaltung mitgetragen. Was die Verwaltung sieben Monate nach der ersten Besprechung im Gemeinderat abgeliefert hat, bestand aus ein paar Folien: keine Handlungsvorschläge, keine Gästebefragung, kein Bezug zum Tourismuskonzept 2025.

Argument: WLAN birgt rechtliche Risiken

Die sogenannte „Störerhaftung“ hat Deutschland zu einem der Schlusslichter in Europa gemacht. Die Gemeinde Bad Schönborn würde sich z.B. strafbar machen, wenn über ihr öffentliches WLAN illegal Filme runter geladen würden.
Diese rechtliche Falle kann aber umgangen werden, wenn die Gemeinde private Anbieter („Providerprivileg“) mit dem Betrieb des öffentlichen WLANs betraut. Die Anbieter in diesem Umfeld berichten von vielen neuen Projekten und hohem Wachstum (siehe z.B. Hotsplots)
Das passt so gar nicht in das große Bedenken, dass von Seiten der Freien Wähler und CDU angestimmt wurde.
Selbst die Bundesregierung hat die „Störerhaftung“ endlich als Problem erkannt, Interessanterweise hat sich die CDU bei ihrem jüngsten Parteitag im Dezember 2014 ausdrücklich für „öffentliches WLAN“ ausgesprochen…

Öffentliches WLAN
Die WLAN-Störerhaftung verhindert einen flächendeckenden, allgemein verfügbaren und
kostengünstigen Internetzugang. Die Bundesregierung muss Haftungsrisiken für gewerbliche
und nichtgewerbliche Betreiber von WLAN-Netzen abbauen. Nur so ist es den Betreibern
möglich, ihre Zugänge für Dritte zu öffnen, ohne sich der Gefahr von Schadensersatz-
und Unterlassungsansprüchen sowie der damit verbundenen Abmahnkosten auszusetzen.
Mobiles Internet über WLAN muss in deutschen Städten für jeden verfügbar sein.
Das sogenannte Providerprivileg des § 8 TMG, welches bisher nur Zugangsprovider von
der Haftung für Rechtsverletzungen ihrer Kunden freistellt, muss auf die Betreiber von
Drahtlosnetzen ausgeweitet werden.

Eine Alternative bietet auch das Freifunk-Netz, das einen nicht-kommerziellen Ansatz verfolgt.

Argument: LTE ist im Ausbau, also braucht es kein WLAN mehr

Von der Verwaltung, den Freien Wählern und der CDU wurde auf die Möglichkeiten der vierten Generation des mobilen Internets (LTE) hingewiesen. Das schnelle mobile Internet bis 100 Mbit/s sei doch verfügbar, wieso solle Bad Schönborn noch eine Alternative anbieten?
Was nicht erwähnt wurde, sind folgende Punkte:

  • In ländlichen Gebieten verwenden die Telekom-Anbieter Frequenzbänder, die nur von der neuesten Handygeneration unterstützt werden. Wer z.B. ein 18-Monate altes iPhone 5 hat, wird in Bad Schönborn das LTE-Netz gar nicht nutzen können…
  • Die Handynutzer in einer LTE-Funkzelle teilen sich die Bandbreite: d.h. die tatsächlichen Geschwindigkeiten sind viel geringer. Wenn LTE wirklich so toll wäre, müssten wir uns auch fragen, wieso die Gemeinde Bad Schönborn gerade den Ausbau eines Glasfaser-Breitbandnetzes plant…
  • Es geht doch beim „öffentlichen WLAN“ eine kostenlose Alternative anzubieten für unsere Gäste. LTE setzt einen Mobilfunkvertrag voraus, der zudem meistens ab einem gewissen Volumen gedrosselt wird. Gerade die Gäste aus dem Ausland haben hier meist hohe Gebühren für die Nutzung im Ausland zu zahlen
  • In vielen Ländern in die wir im Urlaub fahren ist das öffentliche WLAN zu einer Selbstverständlichkeit geworden – warum sollte dies bei uns nicht möglich sein?
  • Bei einem Investitionsvolumen von einigen Tausend Euro für Tausende von Gäste von Bad Schönborn wird gemauert. Später am gleichen Abend wurden Zehntausend Euro extra für einen einzelnen Grundstücksbesitzer ohne Bedenken freigegeben…
  • Öffentliches WLAN ist übrigens keineswegs tot: gerade diese Woche hat Hamburg einen Projekt für die gesamte Stadt angekündigt.

Argument: Bad Schönborn ist doch nicht New York

Öffentliches WLAN ist also nur etwas für große Städte? Wer über den Tellerrand hinausschaut, wird viele aktive Gemeinden entdecken. Im folgenden eine kleine Auswahl an Projekten:

Fazit

Die Grüne Liste möchte gemeinsam Bad Schönborn bewegen. Daher haben wir den Antrag der SPD unterstützt. Für eine Gemeinde, die sich auf die Fahne geschrieben hat, Tourismusstandort zu sein, ist die Blockadehaltung von Verwaltung, CDU und Freien Wählern unverständlich. Wir enden daher mit einem Zitat von Christian Meder (Junge Union) im Wahlprospekt zur Gemeinderatswahl: „Frei verfügbares WLAN zählt er zu den Standortfaktoren einer attraktiven Gemeinde„. Übrigens: von den CDU Gemeinderäten wurde dies als „Einzelmeinung“ abgestempelt… (fx)